Nachhaltiges Wohnen, das den Planeten und dessen Ressourcen nicht übermäßig belastet, gewinnt immer mehr an Bedeutung. Ist es vielleicht das autarke Haus, was das Potential hat, unser Leben umweltfreundlicher und günstiger zu gestalten? Erfahren Sie hier alles Wissenswerte dazu.
Was ist ein autarkes Haus?
Die Grundbedeutung des Wortes autark ist „unabhängig, auf niemanden angewiesen“. Bei einem autarken Haus heißt das, unabhängig vom örtlichen Strom-, Wasser- und Wärmenetz zu leben und somit vollkommen selbstversorgend zu sein.
Vollständige Autarkie? Zur gesetzlichen Lage in Deutschland
In Deutschland gestaltet sich eine komplett selbstständige Versorgung relativ schwierig: denn bereits aus baurechtlichen Gründen muss ein Anschluss an die örtliche Kanalisation vorhanden sein und in diesem Zusammenhang auch ein Anschluss an die Wasserversorgung.
Der Grund dafür ist, dass auf der Basis hygienischer Vorschriften eine Senkgrube als Kanalisationsersatz unzulässig ist und das Gesundheitsamt die Verwendung von Regenwasser als Trinkwasser untersagt. Trotz dieser Beschränkungen ist es aber möglich, bei einigen Hausanbietern zumindest ein weitgehend autarkes Haus zu bauen, das ohne externe Stromversorgung auskommt.
Wieviel kostet ein autarkes Haus?
Die Kosten für ein autarkes Haus sind abhängig von der Größe der Photovoltaikanlagen, die Sie auswählen, und wieviel Energie Sie produzieren wollen. Daher können bei Preis keine Pauschalangaben getroffen werden. Weil sich die Energiegewinnung auf Basis alternativer Energien zu Erdgas/-öl momentan noch in ihrem Anfangsstadium befindet, sind die Technologien noch nicht sehr gebräuchlich und deswegen teuer. Zudem sind sie auch noch nicht so leistungsfähig wie es zu wünschen wäre, wenn sie als einzige Energiequelle genutzt werden sollen.
Die Kosten zur Anschaffung sind auf jeden Fall sehr hoch und Sie müssen investieren. Im Allgemeinen kann man von einem Erstanschaffungspreis von etwa 400.000 Euro ausgehen für ein autarkes, schlüsselfertiges Haus mit einer Wohnfläche von 160qm. Der Mehraufwand wird sich langsam, aber stetig durch die Energieersparnis von bis zu 6.000 Euro im Jahr rentieren. Nach etwa 15 Jahren haben sich die hohen Anschaffungskosten amortisiert. Ab da beginnt der Vorteil im Vergleich zu den Nebenkosten eines Einfamilienhauses, das extern mit Energie versorgt wird.
Woher kommt die Energie ohne Anschluss an die öffentliche Versorgung?
Ein autarkes Haus kennzeichnet die Versorgung mit Energie ohne Anschlüsse an das öffentliche Versorgungsnetz. Deshalb müssen Strom und Warmwasser alternativ produziert werden.
Strom
Die Stromversorgung wird in den meisten Fällen von einer Photovoltaikanlage übernommen, möglicherweise auch durch ein Windrad oder eine Windturbine. Die Energie, die damit produziert wird, ist bei regulärem Betrieb ausreichend, um die komplette Stromversorgung des Hauses zu gewährleisten.
Ob diese Energie für Ihren persönlichen Bedarf ausreichend ist, hängt natürlich von Ihrem Verbrauch ab und auch von den Geräten, die Sie im Haushalt verwenden: durch den technischen Fortschritt sind neue Geräte in der Regel energieeffizienter als solche, die vor einigen Jahren erworben wurden. Bei gesicherter Funktionalität ist ein Anschluss an das öffentliche Stromnetz nicht notwendig und Sie können daher viele Kosten sparen.
Heizung und Warmwasser
Zur Produktion von Wärme werden Photovoltaikanlagen verwendet, die mittels Solarzellen Energie aufnehmen. Die Lichtenergie der Sonne wird in diesen Anlagen in Wärme umgewandelt, die dann wiederum zur Erwärmung von Wasser für die Heizung und für den allgemeinen Bedarf in Gebrauch ist. Bei der Verwendung von Sonnenenergie ist es natürlich ein die Funktionsweise stark bedingender Faktor, dass die Sonne auch tatsächlich scheint.
Da die Sonnenstunden in mitteleuropäischen Breiten großen jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen sind, sollten Sie darauf achten, dass die Solarzellen zum größtmöglichen Nutzen nach Süden ausgerichtet sind.
Wie funktioniert die Stromgewinnung auch bei einem Ausfall der Photovoltaikanlage?
Bei der autarken Versorgung kommt es darauf an, das Haus bei jeder Wetterlage mit Energie versorgen zu können, auch wenn die Photovoltaikanlage einmal ausfallen sollte.
Langzeitspeicher für Strom
Für solche Fälle ist ein hochwertiger Langzeitspeicher von Vorteil, der dazu dient, die gewonnene Energie über Wochen oder Monate sicherzustellen und auf diese Weise eine Regenperiode ohne Sonne oder die Winterzeit zu überbrücken, ohne dabei einer drohenden Energieknappheit ausgeliefert zu sein. Das Haus kann auf diese Weise bis zu 70% des anfallenden Energiebedarfs selbst decken. Dazu muss allerdings gesagt werden, dass Langzeitspeicher noch nicht ausreichend erforscht sind und für diese Zwecke unter Umständen noch nicht dauerhaft leistungsfähig genug.
Alternative Formen der Energiegewinnung
Für die Deckung des Energiebedarfs können beispielsweise auch Holzvergaser eingesetzt werden. Das nimmt zwar in gewissem Maße die Autarkie, da das Holz dafür extern gekauft werden muss, aber Sie sind zumindest nicht den marktbestimmenden Energielieferanten ausgesetzt.
Wie kann ich Regenwasser im autarken Haus nutzen?
Für Toilette, Waschmaschine und Gartenbewässerung dürfen Sie Regenwasser beispielsweise aus einer eigens dafür vorgesehenen Zisterne verwenden. Verboten ist es allerdings laut Gesundheitsamt bei der Zubereitung von Speisen oder für den Gebrauch in der Küche. Falls Sie Regenwasser nutzen wollen, müssen Sie auch zwei getrennte Wasserkreisläufe in Ihrem Einfamilienhaus nachweisen. Ein Anschluss an das Wasserversorgungsnetz ist daher unumgänglich, weil bereits die Existenz einer Küche zur Speisenzubereitung diesen zwangsläufig mit sich bringt.
Eine weitere Alternative zur Wassergewinnung für beispielsweise die Gartenbewässerung ist ein Brunnen, mit dem Sie Zugriff auf das Grundwasser erhalten. Die Voraussetzung für den Bau eines Brunnens ist zum einen, dass Sie der Eigentümer des Grundstücks sind und zum anderen, dass Sie alle baurechtlichen Genehmigungen dafür erhalten haben, bevor Sie mit der Bohrung beginnen. Informieren Sie sich daher ausführlich.
Die Vorteile von autarken Häusern
Mit einem autarken Haus sind Sie unabhängig von den Auswirkungen des Machtkampfes der Energieanbieter und unbeeinflusst vom ständig schwankenden Preis für Strom und Wasser. Außerdem senken sich Ihre Kosten und die zukünftige finanzielle Belastung ist absehbarer. Auch wenn Unabhängigkeit vom Wassernetz in Deutschland nicht komplett möglich ist, ist Unabhängigkeit von politischen Entscheidungen bezüglich des Strompreises, beispielsweise der Ökosteuer, eine enorme Entlastung für Ihr Konto.
Die Nachteile von autarken Häusern
Die Ersparnis bezüglich der Strom- und Wasserkosten klingt natürlich sehr verlockend, aber das autarke Haus bringt auch Herausforderungen mit sich, die Sie bei der Entscheidung bedenken sollten.
Strom für die Arbeitsmaschinen beim Hausbau
Die Baumaschinen, mit denen Ihr autarkes Haus errichtet wird, sind zum Funktionieren auf Strom angewiesen. Auch wenn Sie diesen später selbst produzieren, kann ein Anschluss an das Stromnetz bereits in diesem Stadium des Bauprojekts unverzichtbar sein, auch wenn Sie diesen später nicht mehr oder nur in Notfällen in Anspruch nehmen.
Ausfall der Anlage
Der größte Nachteil ist offensichtlich: im Fall des Ausfalls der Solarzellen und/oder des Langzeitspeichers haben Sie keine Notlösung parat, wenn beim Hausbau kein Anschluss ans Stromnetz verlegt wurde. Besonders schwerwiegend ist das Problem in den Wintermonaten: ein Leben ohne Strom, Heizwärme und warmes Wasser bei Minusgraden ist alles andere als komfortabel.
Aus diesem Grund sollten Sie im Voraus gut überlegen, wieviel Ihnen komplette Autarkie wert ist und ob Sie nicht doch wenigstens den Anschluss einrichten sollten. Keine Technik der Welt ist komplett ausfallgeschützt.
Vorteile autarker Häuser | Nachteile autarker Häuser |
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Ein Stück Unabhängigkeit kann den Unterschied machen
Die vollständige Autarkie wird für Deutschland in den nächsten Jahrzehnten wohl weiterhin ein Konzept der Zukunft bleiben, da die Erteilung einer Baugenehmigung durch den Staat in vielen Fällen an die Existenz genau dieser Anschlüsse gebunden ist, die das autarke Haus zu vermeiden versucht, also Wasser, Strom und Kanalisation. Nichtsdestotrotz ist es eine gute Variante für ein unabhängiges, umweltfreundlicheres und nicht äußeren Faktoren unterworfenes Leben. Wenn Sie hinter diesem Konzept stehen, ist die Anschaffung eines zumindest teils autarken Hauses eine Investition, die Sie Ihren Idealen ein Stück näher bringt.
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