Vom immer öfter anzutreffenden, in Beton gegossenen Fertigkeller über per Kleber verbundene Mauersteine bis zu den seltenen Erden der PV-Anlagen-Module bestimmt beim heutigen Hausbau eines: künstliche Materialien, die erst durch aufwendige Prozesse zu dem werden, was sie sind. Eine krasse Ausnahme stellt Holz dar, ohne welches selbst modernste Häuser nicht auskommen. Das liegt daran, dass dieses Naturmaterial extrem positive Eigenschaften mitbringt. Doch es hat auch Grenzen. 

  1. Ist Holz ein Auslauf-Baustoff?
  2. Nachhaltig, isolierend, schnell: Echte hölzerne Vorteile
  3. Lebender Baustoff, Schall, Schädlinge: Hölzerne Limitierungen

Ist Holz ein Auslauf-Baustoff?

Wir leben in einer Zeit, in der die Fortschritte bei der Baustoff-Entwicklung gigantisch sind. Etwa Aerogel. Ein künstlicher Dämmstoff, der so unglaublich fein ist, dass er wie gefrorener Rauch wirkt. Und weil das nur ein Beispiel unter vielen ist, könnte man sich durchaus die Frage stellen, ob Holz ein Auslaufmodell ist. Bestenfalls noch geeignet, Dachstühle zu fabrizieren und Schalbretter für Betonguss zu erstellen.

Tatsächlich könnte nichts falscher sein. Denn gerade in den jüngsten Jahren zeigt sich, welche „inneren Werte“ der Naturbaustoff hat. Allein seit 2013 hat sich beispielsweise die Zahl der Interessenten, die ein Fertighaus möchten, von 0,7 Millionen fast verdoppelt, während die Zahl klassischer Bauten um 0,2 Millionen auf 0,5 sank. Gerade im Fertighausbau ist Holz unverzichtbar, denn von den sieben wichtigsten Bauweisen in diesem Segment beruhen fünf auf Holzkonstruktionen zwischen Holzrahmen- und Holzmassivbauweise.


Holz beim Hausbau

So zeigen empirische Studien, dass der Holzverbrauch am Bau heute so hoch ist wie lange nicht mehr – und das hat nicht nur damit zu tun, dass aufgrund der Niedrigzinsphase ein genereller Bau-Boom herrscht. Hinzu kommt, dass Holz mittlerweile im ingenieurswissenschaftlichen Fokus liegt. In Balken- oder Brettform sowie als Faserverbund ist es längst nur noch eine Einsatzvariante unter vielen. Heutige Forschungen gehen auf die molekulare Ebene. So etwa das Empa-Zentrum in der Schweiz, das Holz magnetisierte - durch Eisenoxid-Partikel. Somit lässt sich ganz klar sagen: Holz ist kein Auslauf-Modell, sondern schießt in beeindruckender Weise durch die Decke. Und das gerade deshalb, weil es so viele positive Eigenschaften besitzt. 

Nachhaltig, isolierend, schnell: Echte hölzerne Vorteile

Wissen Sie, wie Zement hergestellt wird? Es ist ein unglaublich energieintensiver Prozess. Gleiches gilt auch für die gern verwendeten Planziegel für das Mauerwerk – und bei unzähligen weiteren Baustoffen. Sie alle benötigen viel Aufwand, bis sie „bauverwendungsfähig“ sind. Hinzu kommt das Problem, dass die Rohstoffentstehung dieser Stoffe über Jahrtausende hinweg ablief oder sogar nur dem Zufall zu verdanken war.

Bims etwa, einst einer der wichtigsten Wirtschaftsmotoren und Baustoffe am Rhein, konnte nur deshalb so großmaßstäblich gefördert werden, weil der Laacher See, ein Vulkan, vor rund 13.000 Jahren einen spektakulären Ausbruch erlebte. In vielen anderen Regionen der Welt ist dieser Baustoff deshalb nahezu unbekannt.  

Dagegen Holz. Hier ist die Wandlung zum Baustoff so einfach, dass sie fast schon primitiv ist: Baum setzen, wachsen lassen, fällen, zersägen, trocknen. Und das in einem Prozess, der sich immer wieder aufs Neue reproduziert. Natürlich, ein Baum, dessen Holz zur Herstellung tragender Balken taugt, braucht einige Jahre, bis er herangereift ist. Aber selbst bei ausgesprochen langsamen Gewächsen wie Eiche sprechen wir nur von einigen Jahrzehnten, statt Jahrtausenden.


Aufgeschichtete Holzlatten

Erwähnt sei auch, dass einige der wichtigsten Bauhölzer – namentlich Nadelgehölze wie Tanne oder Fichte – nicht nur sehr gute bautechnische Eigenschaften aufweisen, sondern dazu auch noch schnell wachsen. Was Umweltschützer wegen der deswegen angelegten Monokulturen beklagen, ist tatsächlich gelebte Nachhaltigkeit: Wälder, die nur dafür leben, zu bestem Bauholz zu werden. Und jeder Baum, der gefällt wird, wird durch einen neuen Setzling ersetzt.

Diese Nachhaltigkeit ist nur eine Seite der Positiv-Medaille. Auf der anderen stehen noch weitere Eigenschaften:

  • Durch die zelluläre Struktur ist Holz ein sehr guter Isolator. Im Gegensatz zu manch anderen Baustoffen können beispielsweise Blockhäuser bei entsprechender Materialdicke ohne weitere Zusatzmaßnahmen auf die aktuellen Dämmwerte der EnEv 2016 gebracht werden (U= 0,24W/m²K). Und vergleichsweise einfache Dämmmaßnahmen können diese Werte beeindruckend erhöhen.
  • Holz ist wie ein Schwamm. Es kann Luftfeuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben. Dadurch entsteht ein überaus harmonisches, als sehr angenehm empfundenes Wohnraumklima.
  • Bei allen Bauweisen in Holz lassen sich enorme Zeitersparnisse realisieren, weil sehr viel vorgefertigt werden kann. Die eigentliche Errichtungszeit sinkt daher teils auf weniger als eine Woche.
  • Es ist in unbehandeltem Zustand frei von Schadstoffen und gut für Allergiker geeignet.
  • Der Brandschutz ist – entgegen dem landläufigen Glauben – vor allem bei Blockbauweisen gut. Denn eine große Holzfläche braucht sehr lange, bis sie entflammt. Und wenn, dann führt die Wärme nicht zu einer Reduktion der Tragfähigkeit.
  • Es gibt keine Trocknungszeiten. Ungleich zu „nass angerührten“ Baustoffen ist Holz, das auf der Baustelle verarbeitet wird, in optimalem Maß trocken. Das bedeutet kein übermäßiges Heizen im ersten Wohnjahr, keine Schimmelprobleme.

Hausbau mit Holz
Einen weiteren Vorteil kennt jeder Hausbesitzer, der schon einmal gesehen hat, in welcher Geschwindigkeit ein alter Dielenboden aufbereitet werden kann: Holz kann wieder und wieder erneuert werden, indem wenige Zehntelmillimeter der Oberfläche abgetragen werden. 

Lebender Baustoff, Schall, Schädlinge: Hölzerne Limitierungen

Absolute Perfektion gibt es natürlich bei keinem Baumaterial. Da ist Holz keine Ausnahme, auch wenn es vieles besser kann. Doch durch die Tatsache, dass es kein künstliches, durchkontrollierbares Material ist, entstehen eben auch Nachteile.

Vor allem wenn Holz nur als tragendes Element in der Leichtbauweise herangezogen wird, lässt sich ein solcher Nachteil hören – dann ist der Schallschutz merklich geringer. Wobei dieses Problem nicht dem Holz per se angelastet werden kann, sondern eher der Bauweise – wird nämlich Holz in massiver Blockbauweise verwendet, liegt der Schallschutz auf einem ähnlich hohen Niveau wie der anderer Materialien.

Des Weiteren ist der Begriff „lebender Baustoff“ nicht nur eine leere Worthülse. Tatsache ist, Holz, selbst wenn vom Baum nur noch Balken übrig sind, hat eine gewisse Eigendynamik. Es knackt, es knistert und knarrt und dehnt sich stärker als andere Stoffe. Und das unabhängig davon, ob es frisches Holz ist oder solches, das bereits vor Jahrzehnten verbaut wurde. Mit einer solchen Geräuschkulisse, speziell im Winter und Frühjahr, wird man leben müssen, wenngleich sie bei den wenigsten Häusern ein störendes Level erreichen wird. Allerdings muss dieser Faktor auch beim Verbauen eine Rolle spielen: Spaltmaße müssen größer gehalten werden, Dehnungsfugen sind einzuplanen.

Neubau Holzhäuser

Hinzu kommt, dass der Naturstoff auch anfällig für seine Gegenspieler aus der Natur ist. Namentlich sind das Schädlinge. So gibt es allein ein gutes Dutzend Insekten, die Holz schädigen können. Einige davon nehmen sich zwar nur Frischholz vor, andere hingegen können auch verbauten Balken zu Leibe rücken. Ein gewisses Maß an Kontrolle ist daher, insbesondere bei älteren Gebäuden aus Holz, immer vonnöten. In die gleiche Kerbe schlagen auch Pilze, die das Material beschädigen können.

Und die Natur ist auch auf einer anderen Seite ein Problem. Holz, das in Kontakt mit Außenluft, Licht und Witterung steht, unterliegt einem ständigen Alterungsprozess. Sofern kein übermäßiger Kontakt mit Wasser (Staunässe) anliegt, ist dieser zwar hauptsächlich kosmetischer Natur – das Holz vergraut – trotzdem aber vorhanden. Blockhäuser beispielsweise müssen im Rhythmus weniger Jahre frisch gestrichen werden. Bei dauerhafter Nässe hingegen, etwa im Kontakt mit Erdreich, kann Holz auch binnen weniger Monate schon schweren Schaden nehmen – wobei dieses Problem bei sauberer Bauplanung eher theoretischer Natur ist.  

Fazit

Das perfekte Baumaterial gibt es nicht. Doch Holz, egal ob in Leicht- oder Massivbauweise, kommt diesem hohen Ideal schon sehr nahe. Schon im Ursprungszustand ist es ein verblüffend vielseitiges Multitalent – und dabei nicht einmal sonderlich teuer. Und betrachtet man, was auf bauchemischer Basis gerade in der Mache ist, kann man nur sagen: Holz war, ist und wird sein – von den ersten menschlichen Behausungen bis in die ferne Zukunft.

(Bildmaterial v.o.n.u.: © paulbr75 - pixabay.com; © antmoreton - pixabay.com; © PublicDomainPictures - pixabay.com; © paulbr75 - pixabay.com)

02.05.2018 | HausXXL